01.10.2016
„Ich habe ein Problem.“ Diesen Satz kennen Sie ganz sicher aus dem Alltag Ihres Unternehmens. Häufig werden Sie als Entscheidungsträger auf dem Flur angesprochen, verbunden mit der Bitte um wenige Minuten Ihrer Zeit zur Durchsprache des besagten „Problems“. Willigen Sie ein und fragen nach dem genauen Problem, folgt nicht selten der Kommentar, dass man Ihnen dafür erst einmal den umfassenden Zusammenhang erklären müsse.
Und genau an dieser Stelle gilt es im unternehmerischen Alltag der Bequemlichkeit bereits konsequent die Stirn zu bieten. Unbemerkt versucht Ihr Gegenüber, Sie in seinen, in eigener Verantwortung liegenden, originären Denkprozess einzubinden. Denn wäre der Zusammenhang bereits durchdacht worden, läge der Kern des Problems offen dar und könnte präzise formuliert benannt werden. Fordern Sie in diesem Moment diese Klarheit bezüglich des Problems ein und erklären sich danach erst zur Durchsprache bereit. Sie stellen später auf Nachfrage oft fest: Als auf Ihren Anstoß hin damit begonnen wurde, das Problem genau zu beschreiben, sind dem Durchdenkenden selbst Lösungswege eingefallen.
Meist ist dieses Phänomen also schlicht der Ausdruck vorheriger Denkfaulheit. Aus purer Bequemlichkeit benutzen wir andere und lassen uns von anderen dazu benutzen, um aus unserer diffusen Gedanken- und Gefühlswelt das herauszuschälen, was relevant ist und wie es lösbar ist. Doch im Schlepptau der Faulheit gesellt sich oft die Feigheit. Es wird prioritär nach Lösungswegen gesucht, die einfach und möglichst geräuschlos zu bestreiten sind – ohne Schmerz, Risiko und mögliche Konsequenzen. Die Konfrontation wird vermieden, unausweichliche Schwierigkeiten werden mit aller Energie umschifft. Dabei ist jedem bei innerer Auseinandersetzung klar, dass es keine einfachen Lösungen oder Patentrezepte gibt. Also raus aus der Komfortzone! Zumindest keine, die der Unternehmensentwicklung nachhaltig wirklichen Vorschub leisten.
Liegt das Problem konkretisiert und transparent auf dem Tisch, lässt sich auch ergebnisorientiert nach Lösungen suchen. Hier beginnt die Arbeit simpel mit einem weißen Blatt Papier, einem Stift und der notwendigen Ruhe. Keine schnell mal zu übernehmende Blaupause aus der Best Practise hilft wirklich weiter oder wäre gar produktiv, sondern sorgt im Ergebnis in aller Regel nur für mehr Beschäftigung. Und ich behaupte, dass zu Beginn aller guten Lösungsfindungsprozesse immer die Auseinandersetzung mit einem selbst von Nöten ist. Hierzu braucht es das Werkzeug für den eigenen Verstand.
Man kann gemeinsam im Team nicht denken. Ausnahmen bestätigen gerne die Regel. Workshops oder Teammeetings sind erst dann sinnvoll, wenn jeder Teilnehmer zuvor Lösungsansätze wirklich durchdrungen und in der Folge durchdacht hat. Auch muss vor einer gemeinsamen Durchsprache sichergestellt sein, dass das Problemverständnis und die Lösungsansätze untereinander verteilt und auch diese durchdacht wurden im stillen Kämmerlein. Die Erwartungshaltung hinsichtlich des benötigten Ergebnisses muss gleichermaßen klar sein. So kann jeder Teilnehmer sich vorab Notizen machen. Sie werden erstaunt sein, wie sich auf diese Art das Problemverständnis erst überhaupt richtig schärft und insgesamt sich der Meetingaufwand drastisch reduzieren lässt.
Zeigen Sie auch hier die notwendige Konsequenz. Wer nicht derart vorbereitet ist, verlässt das Meeting vor Beginn bitte wieder. Das Prinzip ist simpel, bedingt aber eine permanente Konsequenz im eigenen Handeln und das Festhalten aus Überzeugung an diesem Grundsatz. Anderenfalls wird zwar an etwas gearbeitet werden, jedoch mit dem Resultat, dass alle am Ende des Tages das trügerisch positive Gefühl haben, etwas geschafft zu haben. Dabei ist objektiv betrachtet das Ergebnis nur Mittelmaß und keiner ist wirklich zufrieden. Wenn Sie also mal wieder ein „Problem“ haben, formulieren Sie es präzise und verlangen das auch von anderen. So lässt sich Innovationskraft wirklich zur Entfaltung bringen.
Viel Freude bei der nächsten Problemlösung!